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Franziska

Abschlussbericht zum Einsatz des Programms `weltwärts` vom Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ)

Franziska Deckert, Landesvereinigung für kulturelle Kinder- und Jugendbildung (LKJ) - 15. Mai 2009


Zunächst einmal möchte ich meinen Dank aussprechen an das Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) ohne deren Förderprogramm „weltwärts“ mein Aufenthalt in The Gambia nicht möglich gewesen wäre, der Landesvereinigung für kulturelle Kinder- und Jugendbildung (LKJ) hier im Besonderen Kathleen Thieme für die Organisation meines Aufenthaltes und Marika Bjick, die mich beim Entschluss nach Gambia zu gehen von Anfang an bestärkte. Vor Ort möchte ich vor allem meinen Mentor Hatab Beyai und seiner Familie danken, die mich in den ersten Wochen meines Aufenthaltes tatkräftig unterstützt haben, vor allem beim eingewöhnen, meiner Gastfamilie Mariama Jallow und Yoro Bah, Abass Seck (Artistik) für die Unterstützung bei der Videoclipproduktion sowie dem gesamten Staff der Schule, die mich von Anfang an als Lehrerin akzeptieren und natürlich nicht zuletzt bei all meinen SchülerInnen.

Ich bin seit dem 18.09.2009 in The Gambia/ Westafrika. Wie schnell die Zeit vergeht und das diese am Ende doch nur ein Konstrukt ist, merke ich jetzt. Mein Einsatz an der Nursery and Primaryschool in Ghanatown/ Brufut ist in wenigen Wochen vorbei. Selbst wenn ich nur darüber nachdenke werde ich wehmütig. Wie sehr mir die LehrerInnen und SchülerInnen in der Zeit meines Aufenthalts ans Herz gewachsen sind merke ich jetzt, wenn der Abschied immer näher rückt.

Ich hatte vor einigen Tagen einen kleinen Unfall mit meinen Roller und konnte aus diesen Grund nicht zur Schule gehen. Also kam am Freitag eine kleine Delegation von ca. 70 Schülern zu Besuch, um zu schauen wie es mir geht. Es waren am Ende jedoch so viele, das Ebou sie in kleine Gruppen einteilen musste. Dabei musste ich mir schon ein Tränchen wegdrücken.

Mein Einsatz selbst war vielseitig und abwechslungsreich. Meine Aufgaben reichten von Deutschunterricht für die Lehrer bis Schulpartys organisieren. Meine Hauptaufgabe bestand vor allem darin den LehrerInnen hilfreich zur Hand zur gehen, was vor allem im Aufzeigen neuer Unterrichtsmethoden in der Vermittlung von verschiedenen Themenfelder bestand. Ebenfalls zählte dazu, dass selbständige vorbereiten, durchführen und reflektieren von Unterrichtsstunden in Mathematik, Englisch und CreativArts. Des weiteren galt es die SchülerInnen mit neuen Unterrichtsmethoden vertraut zu machen z.B. mit Formen des kreativen Lernens. In Creativ Arts machte ich sie vertraut im Umgang mit Wasserfarben und Pinsel oder verschiedenen Malformen wie Frotage und Falttechniken für Papier.

Mein Aufgabenfeld beinhaltet ebenso die 1. Hilfe der Schulkinder und die Betreuung eines epileptischen Kindes. Was sich darin äußerte mit ihn regelmäßig zum Arzt in die Hauptstadt zu fahren und dafür zu sorgen, dass er regelmäßig seine Tabletten nimmt.

Der Deutschunterricht mit den Lehrern fand regelmäßig mittwochs und donnerstags nach der Studytime statt. Es konnten hierbei vor allem die Grundlagen der Deutschengrammatik gelegt werden auf denen die neuen PraktikantInnen aufbauen können.


Von meinen 8 monatigen Aufenthalt in The Gambia nehme ich vor allem die Wärme mit, mit der ich empfangen wurde. Es ist immer wieder erstaunlich, dass selbst die Ärmsten bei denen man zu Besuch ist immer noch etwas von ihren wenigen Essen, was sie zur Verfügung

haben, abgeben.

Ebenfalls habe ich gelernt mich wieder auf das wesentliche im Leben zu konzentrieren und vor allem mit dem Rohstoff Wasser doch noch sparsamer umzugehen. Es ist schön zu sehen, dass man auch mit wenig zu Frieden sein kann, besonders Kinder. Sie brauchen nicht die verschiedensten Plastikspielzeuge. Spielzeug bauen sie selber aus dem was sie finden. Aufgefallen ist mir besonders das andere Verständnis für Familie. Hier kümmert sich jeder um jeden, was sich nicht immer in finanziellen Mitteln ausdrückt. Auf der anderen Seite gibt es häufig kein Austausch von Zärtlichkeiten zwischen Kindern und Eltern, wie z. Bsp. Drücken oder in den Arm nehmen. Auch kein Lob, wenn das Kind etwas gut gemacht hat. Kinder laufen hier häufig im alltäglichen Leben neben her. Es setzt sich keiner mit ihnen hin und erzählt ihnen Geschichten, liest ihnen vor, bastelt oder malt mit ihnen. Vor allem in der Schule werden diese Aktivitäten als Freizeit angesehen, aber nicht als Bestandteil von Bildung.


Auf die Reflexion des Schulalltag werde ich später noch genauer eingehen.


Gestört hat mich der Umgang mit der Natur. Viele der Gambianer leben vom Fischfang, was aufgrund der Hochseefischerei auch kein einfaches Unterfangen ist. Trotzdem wird jeglicher Müll auch am Strand abgeworfen. Wenn es hier an etwas nicht mangelt dann an Plastiktüten. Die ortsüblichen Werkstätten lassen Altöl und dergleichen auch einfach in den Boden sickern. Obwohl es Informationsschilder gibt, die in Bildersprache gehalten sind, weil 60% der Bevölkerung Analphabeten sind, wird trotzdem Müll in die Rinnsale geworfen. Diese werden von Zeit zu Zeit ausgehoben, weil sie verschlammen und anfangen zu riechen. Dieser Schlamm enthält natürlich auch eine Vielzahl von Bakterien und Krankheitserregern. Tiere werden wenn dann häufig nur als Nutztiere gehalten. Eine persönliche Beziehung, wie bei uns zu Haustieren, findet man hier eher selten.


Was ich ebenso wenig verstehe ist, dass eine Vielzahl von Lebensmitteln importiert werden, was bei einer nachhaltigen Landwirtschaft eigentlich nicht nötig sein müsste. Man könnte im Jahr sogar bis zu drei Ernten einfahren.


In der Arbeit mit den Kindern vor allem dem Mädchen hab ich mich immer wieder gefragt, ob es unter ihnen welche gibt die beschnitten sind. Beschneidung an sich ist zwar offiziell verboten wird in den ländlichen Gegenden aber immer noch praktiziert. Offen wird darüber natürlich nicht gesprochen.

Die Schulbildung des Landes ist nicht flächendeckend, da es einfach zu wenige staatliche Schulen gibt. Gar nicht daran zu denken, wie die Situation aussehen würde, wenn es die vielen gesponserten oder privaten Schulen nicht gäbe. Die Lehrerausbildung dauert drei Jahre wovon die zukünftigen LehrerInnen mehr an der Schule sind als am Kollege. Unterteilt wird in frühkindliche Entwicklung und Kinder- Jugendbildung. An der Primary muss ein Lehrer alles unterrichten ähnlich der deutschen Grundschule. Erst ab der siebten Klasse gibt es eine Spezialisierung. Viele der Lehrer nutzen den Beruf als Überbrückung, weil es eine geregelte Bezahlung gibt. Die wenigsten sind wirklich Lehrer aus Überzeugung heraus. Dies spiegelt sich vor allem in der Gestaltung des Unterrichts wieder.


In der Schule ist das Schlagen der Kinder seit einigen Jahren von der Regierung verboten worden. An der Umsetzung des Verbotes hapert es allerdings noch. Wird in der Schule auch in der ich unterricht habe geschlagen und man spricht den entsprechenden Lehrer oder den Direktor direkt darauf an, das man dieses Verhalten nicht toleriert wird als Argument angeführt. „Wenn sie nicht in der Schule geschlagen werden, dann eben zu hause.“ Der Direktor meint: „Ich habe mit den Lehrern schon öfters gesprochen, hinter meinen Rücken tun sie es trotzdem.“ Das Schlagen in die Handflächen, wenn ein Kind nicht lesen kann oder zu spät kommt, halte ich für den falschen Weg der Disziplinierung. Das Kind lernt nicht lesen, wenn man es in die Handflächen schlägt. Neben schlagen werden auch Methoden der Folter angewendet und Bloßstellungen vor der gesamten Schulklasse. Ein Beispiel was ich selbst beobachtete, war, dass mehrere Kinder vor der Klasse oder vor der gesamten Schule beim Assembly auf die Knie gehen mussten und die Arme heben und in dieser Stellung mehrer Minuten verharren mussten. Hier ist es vor allem Aufgabe des Vereins eindeutig Stellung zu beziehen, dass man solche Methoden in einer deutsch gesponserten Schule nicht akzeptiert und sollte entsprechende Konsequenzen ziehen.


Was ich für außerordentlich wichtig erachte ist, dass der Verein auch weiterhin seine LehrerInnen zu Weiterbildungen schickt. Besonders wenn es darum geht den SchülerInnen lesen beizubringen. Es gibt in den fünften Klassen eine Vielzahl von SchülerInnen, die nicht lesen können vor allem dann, wenn man ihnen einen fremden Text gibt z. ein Storybook. Diese SchülerInnen haben dann natürlich nicht nur Probleme in Englisch, sondern auch in anderen Fächern.

Für die Einschulung der Erstklässler aus anderen Nursery schools schlage ich einen Einschulungstest vor, um die hohen Niveauunterschiede in einer Klasse zu vermeiden.

Zu überdenken wäre das System der Studytime. Die SchülerInnen haben pro Monat 30,- Dalasi zu bezahlen, was in einer Gegend wir Ghanatown für viele Familien viel Geld ist, wenn der Vater nur arbeiten geht und das Durchschnittsgehalt bei 1500,- Dalasi liegt und ein Sack Reis ca. 700,- Dalasi. Es bezahlen häufig also nur besser gestellt Familien. Die Kinder, die nicht zu Studytime gehen müssten aber eigentlich gehen. Studytime ist auch kein zusätzlicher Unterricht im Sinne von Nachhilfe, wo noch mal zusätzliche Aufgaben durchgerechnet werden, sondern weiterführender Unterricht. Kinder, die also nicht daran teilnehmen versäumen im doppelten Sinne Unterricht. Es sollte von Seiten des Verein und der Schule überlegt werden einen Förderunterricht einzurichten um besonderes den Langsamlernen zu helfen oder Klassen für Langsamlerner einrichten. Z.B nach dem System der A und B Klassen in Deutschland.

Des weiteren sollte über einen Sportlehrer nachgedacht werden. P.E. ist im allgemeinen Stundenplan vorgesehen. Die Sportstunden bestehen jedoch zum großen Teil für die Jungs aus Fußball spielen und die Mädchen beschäftigen sich meist selber mit tanzen etc. Aus diesem Grund wurde für das große Sportfest am Ende des zweiten Terms eine Woche lang Hoch- und Weitsprung etc. trainiert, weil solche Sportarten im eigentlichen Sportunterricht fehlen. Es fehlt vor allem an der Schulung gezielter Bewegungen im Besonderen Überkreuzbewegungen, die wichtig sind in der Verknüpfung beider Gehirnhälften. Der Musikunterricht, der seit letzten Jahr begann mit einem Trommellehrer sollte fortgeführt werden, da er den SchülerInnen als Ausgleich zum Unterricht dient und die Koordination der Hände fördert. Es wäre allerdings aus organisatorischen Gründen besser, wenn dem Trommellehrer die entsprechenden Trommel, die er zur Zeit jedes Mal mitbringt, von Seiten der Schule zur Verfügung gestellt werden.

Was mir besonders in meiner Arbeit in Creativ Arts Stunden aufgefallen ist, dass die SchülerInnen den Umgang mit Pinsel und Farbe sowie mit Schere und Papier nicht gewöhnt sind. Viele verkrampfen beim malen mit dem Pinsel, ihnen fehlt Feinmotorik oder etwas ausschneiden ist vielen nicht möglich. Hier wäre es schön, wenn die neuen PraktikantInnen im Nursery Bereich mit den Kindern arbeiten könnten. Viele Kinder sind es auch nicht gewöhnt etwas konzentriert zu tun, was sie dann aber in der Primary können sollen.


Ein deutsches Ärzteteam, hat der Schule beim letzten Besuch einen gut gefüllten 1. Hilfekasten zur Verfügung gestellt. Das Problem ist allerdings die Unterbringung, da es keinen 1. Hilferaum gibt. So stand der Koffer auf einen Schrank neben Zuckerdose inklusive Eiweißeinlage (Armeisen) und Teebeuteln. Ich konnte mit diesen Koffer vor allem kleine bis mittlere Wunden versorgen, die häufig beim Fußballspielen entstanden.

Für die 1. Hilfe wäre, der Raum neben den Direktorenzimmer geeignet, der ursprünglich als Lehrerzimmer gedacht war jedoch als solcher gar nicht genutzt wird, sondern eher als zusätzlicher Abstellraum.

Einzuführen wären ständige Lehrermeetings z.B. einmal im Monat um den Austausch unter den LehrerInnen zu fördern und der besseren Koordination und Absprachen zwischen Headmaster und LehrerInnen. Ebenso wäre es überlegenswert einmal im Term, was dreimal in einem Schuljahr entspricht Elternversammlungen einzuführen, um die Eltern über die schulische Entwicklung ihrer Kinder zu informieren und die Eltern auch mehr in das Schulgeschehen einzubinden. Zum einen, weil viele Eltern selber uneducated sind und nicht nach Hausaufgaben fragen oder sich die Bücher zeigen lassen und zum anderen ist die Schulbildung frei, warum die Eltern nicht auch in die Pflicht nehmen, wenn es um Schulangelegenheiten geht.


Was zu überlegen wäre, ob es nicht Sinn macht der Schule ein pädagogisches Konzept zu geben nachdem die zukünftigen Lehrer ausgewählt werden. Neben der allgemeinen Aussage eine Grundausbildung zu gewährleisten gibt es darüber hinaus keine Feinziele innerhalb der Schule. Deshalb schlage ich vor zusammen mit den LehrerInnen und SchülerInnen ein Schulkonzept zu initiieren was der täglichen Arbeit zu Grunde liegt.


Ein ganz persönliches Anliegen wäre es mir, wenn die künftigen PraktikantInnen gewährleisten, das Foday, der Junge mit der Epilepsie, regelmäßig zu seinen Check ups ins Royal Victoria Hospital zum Neorologen und in die Poliklinik zum Psychiater geht und die kontinuierliche, regelmäßige Einnahme der Tabletten überwacht wird. Für die Zeit meiner Abwesenheit und dem noch nicht Eintreffen der neuen PraktikantInnen habe ich eine Lösung gefunden.

Abschließend kann ich nur sagen ich bereue meine Entscheidung nach Gambia zu kommen in keiner Weise und bin jetzt im Rückblick sehr froh diesen Schritt gegangen zu sein. Es waren schöne und traurige Momente vor allem aber unvergessliche. Ich habe viele nette und interessante Persönlichkeiten kennen lernen dürfen von denen ich viele in mein Herz geschlossen habe und es mir schwer fallen wird diese zurück zu lassen.


Franziska Deckert Ghanatown, 15. Mai 2009

Franzi mit dem Lehrerteam

Franzi bekommt eine aktuelle deutsche Zeitung

Franzi hilft den deutschen Ärzten von "Gesundheit & Bildung für Gambia e.V."

Franzi mit Foday beim Arzt