Soziale Projekte für Gambia e.V Rechtsanwältin Marika Bjick Ferdinand-Lassalle-Straße 18 04109 Leipzig Deutschland +49 341 213 19 79

Franziska

An alle daheim Gebliebenen.


Ich, Franziska, die new Volunteer von Social of the Gambia melde mich aus Ghanatown.

Ich bin hier nun seit drei Monaten und hab schon so einiges erlebt. Davon möchte ich kurz berichten.

Zunächst: ich wohne direkt in Ghanatown, so dass ich zur Schule laufen kann. Natürlich tue ich das nicht allein, sondern werde regelmäßig von einer Traube Kindern begleitet. Vor allem montags, wenn ich meine gebastelten Dinge aus Papier mitbringe. Dies ist ein Grund, warum einige LehrerInnen wollen, dass ich auch mal bei ihnen Creativ Arts unterrichte.

Bevor ich genauer auf die Schule eingehe, einige kleine Episoden aus dem alltäglichen Leben.

Nach unserem 7 stündigen Flug sind wir in Banjul/Gambia gelandet. Nachdem wir uns den Stempel in unseren Pässen abgeholt haben und unser Gepäck hatten, erwartete uns Hatab schon.

So wurden wir auch nicht mehr gefragt, ob wir den nicht ein Taxi oder dergleichen benötigen.

Gleich am Flughafen wurde man mit der moslemischen Religion konfrontiert. Betende Menschen auf dem Parkplatz - wir kamen genau zum Ramadan. Vom Flughafen ging es zunächst in ein Guesthouse in Bakothe. Auf der Straße worden wir auch gleich mit „Toubab“ und „Minti“ begrüßt. Wir waren zum Glück nicht die einzigen Weißen im Guesthouse. Ein Engländer wartet auf seine Hochzeit. Mit Fatou besuchten wir dann gleich am nächsten Tag den Markt von Serekunda. Dabei fühlte ich mich ein wenig wie im Zoo, weil ich die einzige Weiße war. Bereits am Montag stellte ich mich in der Schule bzw. der Headmaster stellte mich der gesamten Schülerschaft vor. Er verstand meinen Namen allerdings nicht richtig, weshalb ich die ersten Wochen bei SchülerInnen und LehrerInnen Franzisko war.

Nach einer Woche sind wir dann nach Ghanatown umgezogen. Zum einen weil die eigentliche Unterkunft nicht verfügbar war und zum anderen ich so näher an der Schule wohne und mir 20 Dalasi täglich zur Schule erspare. Am Rande soll hier nur die ein oder andere Geschichte mit den typischen Transportmitteln beschrieben werden. In dem einen `Bus` hab ich mir die Wade verbrannt, beim nächsten wird Kühlwasser bei laufendem Motor nachgegossen, das nächste gibt solche Geräusche von sich, dass selbst die Gambianer aussteigen oder dem Bus nachschauen. Wieder andere bleiben auch einfach mal so liegen.

Von Ghanatown selbst bekommt man eigentlich immer einen Bus, wenn man lang genug am Straßenrand steht und wartet. Schwieriger wird es vom Turnaround nach Tanje/ Ghanatown.

In der ersten Woche meines Besuches der Schule bin ich noch gezirkelt. Ich konnte mir meine Klassen aussuchen und auch was ich unterrichte. Mittlerweile hab ich meine eigene Klasse, mach sozusagen Schwangerschaftsvertretung. Die 31 Kinder in meiner Klasse zu unterrichten ist nicht so einfach, da sie die ganze Zeit entweder singen oder spielen bzw. P.E. (Anm.: Sport) machen wollen. Bei mir sind sie häufig natürlich auch unruhig. Warum? Weil sie wissen ich greife nicht auf den Stock zurück, wie sie mir selber sagten. Inzwischen kennen sie mich und den anderen Stil des Unterrichtens, so dass sie auch mal für mehr als 10 Minuten ruhig sind.

Der Headmaster hält montags und freitags eine Ansprache in der immer wieder darauf hingewiesen wird, Hausaufgaben zu machen und die Uniformen careful (Anm.: vorsorglich) zu behandeln und die Mädchen sollen doch bitte Unterwäsche tragen, weil der Stoff sehr dünn ist. Auf den Toiletten gibt es Soap, so dass die Kinder sich nach der Toilette die Hände waschen können. Selbst in den Nachrichten wurde von der Wichtigkeit des Händewaschens berichtet. Er geht vor allem immer wieder auf Grade 3 und 5 ein, weil diese am Ende des Schuljahres am Examen teilnehmen.

Die Unterrichtsmethoden generell bestehen vorwiegend aus Wiederholungen, Frontalunterricht und Tafel abschreiben. Es hat zwar jeder der LehrerInnen die Universität bzw. das Lehrercollege besucht, wie ich das mitbekommen hab, dort wird allerdings vorwiegend Faktenwissen vermittelt. So etwas wie Fachdidaktik, pädagogische Psychologie oder Entwicklungspsychologie wird nicht vermittelt. Nun ja die Universität ist jetzt noch nicht so alt und wir Europäer bzw. Deutschen brauchen uns gar nicht so hoch auf den Sockel stellen, wenn man sich das Bildungswesen der 60er anschaut. Besser waren wir auch nicht. Unter kreativem Lernen versteht man vor allem Creativ Arts and Craft. Bin aber froh das einige LehrerInnen auch offen sind für meine Anregungen, vor allem nachdem sie erfuhren, dass ich in Deutschland Lehrerin bin. Was mich manchmal ein wenig ärgert ist, dass der Headmaster mich nach meiner Meinung fragt und am Ende aber meint, wir lassen doch lieber das alte System. Zum Beispiel nachmittags von 14.00-16.00 Uhr wollte ich ganz gerne kleine Lerngruppen machen, um jenen, die im Unterricht nicht mitkamen, aus welchen Gründen auch immer. Er meint jedoch, es sollen alle in der Klasse verbleiben, weil die Kinder den Unterricht als Challenge (Anm.: Aufgabe/ Herausforderung) verstehen sollen. Es ist aber nicht möglich, an einer Challenge teilzunehmen, wenn ich nicht ungefähr das gleich Niveau hab. In den Klassen selbst merkt man auch den Unterschied, welche SchülerInnen von `unserer Nursey School` sind und welche erst neu an die Schule kamen. Die Kinder aus anderen Nurseryschools können häufig nicht richtig schreiben oder sich nicht länger konzentrieren. Auf Bleistifte, Ruler (Anm.: Lineal) etc. muss man aufpassen, wie ein Schießhund, ansonsten ist es weg.

Einmal machte ich den Fehler und hab eine große Tüte Buntstift mit gebracht zum Malen. Im Anschluss war sie nur noch halb so voll. Auf das Problem des Stehlens ist einer der Lehrer bei der freitäglichen Ansprache eingegangen. Ein Verständnis dafür, dass ich das nicht nehmen darf, weil es mir nicht gehört ist nicht sonderlich verbreitet. Was gestohlen wird, reicht häufig von Bleistiften bis zu Geld.

Mit den Lehrern, vorwiegend Männer, habe ich Deutschunterricht begonnen seit Ende Oktober und sie lernen schnell.

Im November waren zwei Gruppen aus Leipzig in Gambia, die zusammen die Schule besuchten. Worüber ich sehr froh war, weil jeder Toubab immer wieder aufs neue Aufmerksamkeit erregt. Zur Feier des Tages gab es ein kleines Schulfest mit einem Fußballturnier zwischen den Grade 3 and 5. Die Kleinen haben zwar besser gespielt, aber leider verloren. Ebenfalls im November war ein deutsches Ärzteteam in der Schule, um die Kinder zu untersuchen. Was einige ein wenig falsch verstanden haben und sich dann leider jeder untersuchen lassen wollte. Bei einem Jungen wurde Epilepsie festgestellt. Er bekommt jetzt Tabletten, die er sein ganzen Leben einnehmen muss. Solange ich hier bin, verwalte ich die Tabletten, da diese nicht billig sind. Es muss allerdings eine Lösung gefunden werden, wenn ich nicht mehr da bin. Er holt mich jetzt auch jeden Morgen von zu Hause ab und wir gehen gemeinsam zu Schule. Die Ärztin hat mir auch gezeigt, wie ich kleine bis größere Wunden verarzten kann. Bin als Lehrerin an der Schule jetzt auch so was wie die Nurse (Anm.: Krankenschwester), weil ich vorläufig den prall gefüllten Erste-Hilfe-Kasten verwalte.

Ich will allerdings zwei Jungen und Mädchen der Grade 5 anleiten, so dass sie irgendwann die Arbeit übernehmen können. Mit den zwei fünften Klassen habe ich letzte Woche auch Zeitungspapier recycelt. Werde dies in der kommenden Woche auch mit den Grade 4 wiederholen. Die SchülerInnen können ihre Werke dann auch mit nach Hause nehmen.

Mittlerweile ist Dezember und es wird langsam kalt, so dass man abends durchaus lange Hosen tragen kann. Es ist Winter, dass ich mal bei 25/27 Grad friere, hätte ich vor drei Monaten auch nicht geglaubt.

Seit mittlerweile zwei Wochen findet immer donnerstags der Trommelunterricht statt. Was ich ein wenig bedauerlich finde ist, dass es gerade mal 1 Stunde für die ganze Schule ist. Die SchülerInnen sind allerdings sehr interessiert, es zu lernen.

Meine Ziele für die nächsten Wochen: die Tafeln neu anstreichen zu lassen, weil man auf einigen nicht mehr schreiben kann. Die entsprechende Tafelfarbe gibt es wohl auch hier zu kaufen. Ebenfalls möchte ich auch gerne mal das Lehrercollege in Brikama aufsuchen.

Worüber ich mich in den letzten Tagen sehr gefreut habe, dass ich ein afrikanisches Teenagerpärchen gesehen habe, das Händchen gehalten hat. Sehr schön anzusehen.

Das zweite: ich hab ein Werbeplakat entdeckt: „Kein HIV/AIDS zu bekommen hat nichts mit Glück zu tun. Schützt euren Körper und nutzt Kondome!“

Das dritte: in einer Talkshow wurde diskutiert, warum es wichtig ist, dass Frauen einmal im Jahr zur Gebärmutterhalskrebsuntersuchung gehen sollen. Im Publikum saßen zwar vorwiegend Männer aber die Moderatorin war eine Frau.


Soviel in aller Kürze was in den letzten drei Monaten passierte.


Ich wünsche allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr. ;-)

Franzi

Franzi mit dem Lehrerteam

Franzi bekommt eine aktuelle deutsche Zeitung

Franzi hilft den deutschen Ärzten von "Gesundheit & Bildung für Gambia e.V."

Franzi mit Foday beim Arzt