Soziale Projekte für Gambia e.V Rechtsanwältin Marika Bjick Ferdinand-Lassalle-Straße 18 04109 Leipzig Deutschland +49 341 213 19 79

Tina und Alex

Salem Malekum! Malekum Salam!

Nagadef? Jamarek. Nakasubasi? Jamarek. …

Ein Frage-Antwort-Spiel zur Begrüßung an dem man nach einer Weile schon ganz automatisch teilnimmt.

Seit drei Monaten sind wir, Alex (23) und Tina (20), nun schon im kleinen Staate Gambia. An manche Sachen, wie die ständige Anwesenheit von 360 Kindern oder Mondlandschaft-ähnlichen Strassen, haben wir uns ganz gut gewöhnt und über andere Dinge schütteln wir immer noch täglich den Kopf – u.a. und am meisten über den Fahrstil gambischer Taxifahrer!

Für alle, die uns nicht persönlich kennen oder unsere monatlichen Mails nicht erhalten, wollen wir an dieser Stelle noch einmal eine kurze Zusammenfassung geben, warum wir eigentlich hier sind:

Da wir im Sommer letzten Jahres beide mit irgendeinem Abschluss fertig geworden sind (Bachelor und Abitur), haben wir dies genutzt, um uns ein paar Monate „Auszeit“ zu gönnen. Ganz untätig wollten wir diese Zeit natürlich aber nicht verbringen, so dass wir hierher gekommen sind, um an dem Projekt des Vereins vor Ort mitzuwirken. Seit November sind wir nun also an der „Sannehmentereng Nursery and Primary School“ in Brufut tätig.

Wir wurden von Lehrern und Schülern herzlich aufgenommen und haben uns gut in diese große „Schulfamilie“ integriert. Es ist vor allem ein schönes Gefühl, anstelle des sonst auf der Strasse üblichen „Toubab! Toubab!“ (das Wort für „Weißer“) in der Schule von allen Kindern ein „Hello Tina/ Alex, how are you?“ zur Begrüssung zu bekommen.

Unsere Aufgaben in der Schule sind variabel und richten sich nach dem, was gerade gebraucht wird. Die erste Zeit haben wir hauptsächlich damit verbracht, das Chaos im Store des „Ammersrichter Lausbuben’s Block“ zu beseitigen, wo sich die Kisten mit Papier und Schreibmaterial zusammen mit Schreibmaschinen und Spielzeug kreuz und quer durcheinander stapelten. Nachdem wir alles einmal komplett ausgeräumt, sortiert und in Regalen wieder einsortiert haben, besitzt die Schule jetzt ein ordentliches Vorratslager mit Papier und Stiften für die nächsten zehn Jahre!

Gleichzeitig haben wir einen „Technikraum“ eingerichtet, in dem sich die zwei neu gekauften Computer und sechs mechanische Schreibmaschinen (alle wieder entstaubt und ordentlich geölt) befinden. Dafür haben wir auch mit Hilfe des Maurers Ismaila ordentlich in der Erde ein Kabel vom Generator zum Haus verlegt, was jederzeit erweiterbar ist. Im Januar konnten wir nun endlich mit der großen Aufgabe starten, die Lehrer nachmittags im Umgang mit Computern zu schulen. Als ausgebildeter Informatiker übernimmt Alex diese Aufgabe und parallel dazu läuft in der Anfangszeit ein kleiner Kurs für die Schreibmaschinen unter Tinas Aufsicht, der vor allem auch dazu dienen soll, die Lehrer mit der Tastatur vertraut zu machen. Nun hoffen wir, dass diese Kurse gut anlaufen und uns nicht zu viele unvorhergesehenen Feiertage (wie sie schon öfters erst ein Tag vorher vom Präsidenten angekündigt werden) in die Quere kommen und dass die Zeit ausreicht, um die Lehrer sicher genug zu machen, die Computer und Schreibmaschinen auch zu nutzen.

Da es zur Zeit nur genauso viele Lehrer wie Klassen gibt, übernehmen wir auch die Funktion eines Vertretungslehrers. D.h. wenn ein Lehrer krank ist (oder aus anderen ominösen Gründen nicht in der Klasse ist), beschäftigen wir die Klasse (in den Vorschulklassen also hauptsächlich mit Singen und Malen und in der Grundschule z.B. mit ein paar Matheaufgaben).

Eine große Hilfe ist natürlich das Auto für uns: Die Tigerente, die mittlerweile keine mehr ist, kam letztes Jahr durch die Wüste zur Schule im Rahmen einer Rallye. Auch wenn es nicht mehr das Jüngste ist und wir schon ein paar Tage damit in der Werkstatt verbracht haben, sind wir sehr dankbar dafür, dass wir es benutzen dürfen, da wir ja doch eine halbe Stunde Fahrzeit von der Schule entfernt wohnen. Außerdem macht es sich natürlich unheimlich bezahlt, wenn wir - wie im November - ein Mädchen wegen eines kleinen Unfalls nach Banjul zum Röntgen bringen müssen oder als wir für die Weihnachtsfeier mit ein paar Lehrern in Serrekunda einkaufen waren.

In praktischer Sicht haben wir hier einiges erreicht und werden auch hoffentlich noch mehr erreichen, aber gibt natürlich auch einige Dinge, denen wir machtlos gegenüber stehen. Vor allem Dinge, die tief in der Mentalität und Tradition verwurzelt sind und die noch einige Generationen für eine Änderung benötigen. So können wir z.B. nicht von den Lehrern erwarten, dass sie ihren Unterricht mehr auf Verstehen und Begreifen anstatt auf Auswendig lernen aufbauen, wenn sie es selber ja nie anders kennen gelernt haben. Genauso wird es hier wohl nie mehr als vier effektive Schultage pro Woche geben, da freitags aufgrund des moslemischen Freitagsgebets schon um 12 Uhr Schulschluss ist und der Tag hauptsächlich für Gartenarbeit und Sport genutzt wird. Außerdem ist es halt eine Tatsache, dass die afrikanische Sonne träge macht (das merken wir z.T. auch an uns selbst) und „Zukunftsdenken“ hier ein Fremdwort ist. Das kann sicher jeder bestätigen, der hier schon mal im Urlaub war. So fällt der erste Tag nach ein paar freien Tagen immer erstmal dem Entsanden der Klassenzimmer zum Opfer und die Kinder spielen derweil draußen. An all diesen Dingen wird auch die Anwesenheit von zwei Deutschen nichts ändern! Aber wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das auch gar nicht Ziel der Sache sein sollte. Wir können an der Schule keine kleinen Europäer heranziehen und das wollen wir auch gar nicht. Und wenn sie glücklich damit sind, ihren Müll einfach fallen zu lassen, nur um ihn dann 5 Minuten später am Ende der Pause wieder einzusammeln, warum soll man dann einen Krampf daraus machen, dass sie ihn gleich richtig wegwerfen?! Und man sollte bei alledem nicht vergessen, dass, verglichen zu den meisten anderen Schulen hier im Land, unsere Schule wirklich einiges leistet. Nicht umsonst sind die Kinder aus unserem Kindergarten denen, die in der ersten Klasse extern dazu kommen, sprachlich um einiges voraus. Wir haben bis jetzt noch keine andere Schule gefunden, die so einen schönen und gepflegten Eindruck macht.

Auch wenn es natürlich Momente gibt, in den man sich nach einem Glas Nutella oder frischer Milch im Tetra Pak sehnt. Wir sind trotzdem froh, hierher gekommen zu sein und hoffen, dass wir zumindest eine kleine Spur an der Schule hinterlassen werden und dem Verein so ein wenig helfen können. An dieser Stelle wollen wir uns auch noch einmal ganz herzlich für das uns zugesprochene Lehrergehalt bedanken. Es vereinfacht doch einiges. Unsere Spritkosten sind damit gedeckt und wir haben etwas freiere Hand, wenn es um Besorgungen für die Schule geht.

Wir hoffen, wir konnten einen kleinen Eindruck von dem, was wir hier tun, vermitteln und freuen uns auf eine ausführlichere Berichterstattung, wenn wir im Sommer wieder zurück sind.

Mit den besten Wünschen

Alex und Tina

Tina bei der Reparatur der "Erika"


Alex beim Unterrichten der Lehrer in Computerkunde


Das Lehrerteam